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Halbleitermarkt steuert 2023 auf dramatischen Einbruch zu

Rückgang um bis zu 23 Prozent

Eine sich anbahnende Überkapazität der Fertigung, hohe Inflationsraten und eine anstehende Rezession werden den Halbleitermarkt spätestens Mitte 2023 deutlich einbrechen lassen. Das kündigte Malcolm Penn, Analyst und CEO von Future Horizons, im Rahmen der Branchenmesse IFS2022 in London an. Nach dem Boom der letzten Jahre drohe der Markt um bis zu 23 Prozent nachzugeben.

Auch wenn aktuell noch eher der Chipmangel in Auto- und Consumer- Elektronik-Industrie die Schlagzeilen beherrscht - angesichts der massiven Ausbaubemühungen von Chipfertigern wie Intel, TSMC oder Samsung auf der gesamten Welt warnen einige Analysten bereits seit Monaten vor einer sich anbahnenden Überkapazität in der Halbleiterproduktion - und daraus resultierend drastischen Konsequenzen für den globalen Chipmarkt.

Der nächste Abschwung der Branche zeichnet sich bereits ab

Im Rahmen der Branchenmesse IFS2022 hat der Marktanalyst und CEO von Future Horizons, Malcolm Penn, konkretere Einschätzungen abgegeben, mit einem düsteren Bild für die kommenden Jahre. Nach dem fetten, geradezu boomenden Wachstum der letzten Jahre – der weltweite Umsatz der Halbleiterindustrie verzeichnete im Jahr 2021 ein Wachstum von 26 Prozent auf 595 Mrd. US-$, gegenüber 440 Mrd. US-$ im Jahr 2020 – würden Überkapazitäten, hohe Inflation und eine Rezession in der Branche den Halbleitermarkt im Jahr 2023 ins Gegenteil verkehren. Penn senke daher seine Vorhersage für das Wachstum im Jahr 2022 von 10 Prozent auf 6 Prozent. Für 2023 sieht er schließlich einen Rückgang in jedem einzelnen Quartal: -10 Prozent im ersten Jahresviertel, -8 Prozent im zweiten, -4 Prozent im dritten und schließlich weiter 2,5 Prozent im Schlussviertel.

Im gesamten Jahresverlauf falle das Wachstum auf zwischen - 22 und -23 Prozent. Grund sei unter anderem die Verfügbarkeit neuer Kapazitäten, um die derzeitige Knappheit an Chips zu beheben, aber auch weiter Faktoren wie falsche Einschätzungen der Marktlage und eine sich anbahnende Rezession.

„Die Lunte für den 17. Abwärtszyklus der Branche brennt bereits, weil der Chipmarkt zusammen mit dem weltweiten Wirtschaftsabschwung zusammenbricht“, sagte er,. Der Analyst verwies dabei auch auf Quartalsmeldungen großer Chipabnehmer aus der Industrie. Automobilzulieferer und andere große Player wie Bosch bereiten sich demnach bereits auf eine Verlangsamung im Markt vor. Grundsätzlich seien die Kalkulationen der Abnehmer immer ein großes Problem für die Industrie und ausschlaggebend für die Augenblicke, in denen das Pendel des Aufschwungs wieder umschlägt. „Die Kunden liegen mit ihren Prognosen immer falsch - sie sind schlimmer als die Halbleiterindustrie“, sagte Penn. Ungenaue Prognosen auf beiden Seiten der Branche führen zu einem ständigen Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage.

Die Zyklen der Halbleiterbranche würden Penn zufolge nicht durch den Markt bestimmt, sondern durch dieses Ungleichgewicht aus Angebot und Nachfrage, was sich derzeit besonders stark bemerkbar mache. „Die einzige Möglichkeit, diese auszugleichen, besteht darin, dass Anbieter und Abnehmer gemeinsam Verantwortung für den Aufbau künftiger Kapazitäten übernehmen,“ statuiert Penn. Doch das möchte niemand.

Zunehmende Rezession und Verfügbarkeit neuer Kapazitäten fallen ungünstig zusammen

Auch eine steigende Inflationsrate schlage sich entsprechend auf den Halbleitermarkt durch. „Die einzige Möglichkeit, die Inflation zu bekämpfen, besteht darin, die Zinssätze zu erhöhen,“ sagt Penn. „Aber dies wird die Probleme der globalen Lieferkette nicht lösen. Wenn die Inflation anhält, ist es ziemlich sicher, dass sie eine weltweite Rezession auslösen wird.“ Diese Tendenz werde sich in der zweiten Jahreshälfte bemerkbar machen, wenn die ersten der sich gerade im Bau befindlichen neuen Kapazitäten der großen Halbleiterhersteller in Betrieb genommen werden. Dies sei dann „ein doppelter Wermutstropfen“.

Auch wenn das Szenario, das er zeichnet, wenig ermutigend ist, könnte die Situation laut Penn sogar noch schlechter sein. Equipmenthersteller wie ASML sind derzeit kaum in der Lage, die gesteigerte Nachfrage nach Geräten für die Chipfertigung zeitnah zu bedienen. Penn zufolge könnte das in der derzeitigen Situation womöglich positive Nebeneffekte haben, wenn dadurch die entsprechend geplanten Produktionen niedriger als angekündigt ausfallen.

Die aktuellen Meldungen hinsichtlich Investitionskosten und Aufwand in die Produktion neuer Halbleiter, die von Branchenverbänden wie SEMI herausgegeben werden und auf denen die Analysen von Marktbeobachtern zum Teil beruhen, seien Penn zufolge ohnehin derzeit übertrieben: Diese gingen überwiegend davon aus, dass die für die Produktion benötigte Ausrüstung rechtzeitig bereit stehe, was aber aufgrund der aktuellen Lieferzeiten wahrscheinlich nicht im vollen Umfang erreicht werden kann. „Die Capex-Zahl für 2022 [von SEMI] ist übertrieben und wird wahrscheinlich nicht erreicht werden,“ mutmaßt Penn. Die Folge wären geringere Produktionszahlen, ein längerer Zeitraum für die veranschlagten Investitionen als geplant – und damit eine nicht ganz so schwer ausfallende Überkapazität, jedenfalls nicht mittelfristig betrachtet.

Quelle: Elektronikpraxis https://www.elektronikpraxis.vogel.de/halbleitermarkt-steuert-2023-auf-dramatischen-einbruch-zu-a-1116617/ (ID:48308003)